Übersetzerkonferenz TriKonf 2013: „Mensch und Maschine“

Kann man überhaupt noch jemandem raten, Übersetzer zu werden? Übersetzen Maschinen nicht zeitsparender, kostengünstiger und in ausreichender Qualität? Wie kann ich meine Arbeitsweise weiter verbessern, um konkurrenzfähig zu bleiben?

Als Übersetzerin für Medizin und Literatur wollte ich wissen, wohin die Reise geht und wozu die Übersetzungsmaschinen inzwischen fähig sind. Also fuhr ich vom 18. bis 20. Oktober drei Tage nach Freiburg im Breisgau zur TriKonf 2013der ersten trinationalen Übersetzerkonferenz dieser Art im Drei-Länder-Eck Deutschland / Frankreich / Schweiz, die zugleich dreisprachig lief: Französisch, Englisch, Deutsch. Wobei diese Sprachen für viele Teilnehmer lediglich die Arbeitssprachen waren.

Der Sinn und Zweck einer Übersetzerkonferenz

TriKonf 2013; Copyright by Anne Diamantidis

TriKonf 2013, Networking Night;
Copyright by Anne Diamantidis

Eines vorweg: Geschäfte kommen auf einer Konferenz in der Regel nicht unmittelbar zustande. Die Teilnehmer reisen aus aller Herren Länder zum Lernen, zum Austauschen und insbesondere zum Netzwerken an.

So gab es drei Tage lang reichlich Gelegenheit für persönlich und fachlich interessante Gespräche. Mit einigen Kollegen habe ich Visitenkarten ausgetauscht, weil sich unser Fachwissen oder die Sprachkombination gut ergänzen. Diese Karten habe ich mittlerweile gesichtet, mir die Gesichter ins Gedächtnis gerufen und die Webseiten besucht.

Die persönliche Begegnung ist heute womöglich wichtiger denn je.

Schließlich rufen bei mir nicht immer nur Kunden an, für deren Anliegen ich die Richtige bin – die muss ich dann nicht in die Wüste schicken, sondern kann sie an den passenden Spezialisten weiter verweisen. Das wirft auch auf mich ein gutes Licht.

Oder ich übernehme (bei meinen Sprachen) Koordination und den Vier-Augen-Anteil und erledige das Projekt mit handverlesenen Kollegen, wenn der Kunde einen deutschen Ansprechpartner vor Ort bevorzugt. Umgekehrt erinnert sich vielleicht einer dieser Kollegen bei passender Gelegenheit auch an mich und sagt: „Ich kenne eine, die das kann!“

Menschen sind Menschen, auch und gerade in Zeiten des Internets. Geschäftsbeziehungen haben viel mit Vertrauen zu tun. Was man gegenseitig voneinander erwarten kann, ist am leichtesten auszuloten, wenn man sich persönlich kennt – deshalb ist die persönliche Begegnung heute womöglich wichtiger denn je.

… und die Kosten?

Mit Frühbucherrabatt und Mitgliedsrabatt als Verbandsmitglied kostete die Teilnahme 2013 schlappe 360 Euro plus Hotelzimmer plus Fahrtkosten. Dafür habe ich bekommen:

1. Ein hoch interessantes Seminar zur provokanten Frage „Wie alignt man das Internet?“ (Siegfried Armbruster, GxP), das bei der Terminologiesuche viel Trial & Error ersparen kann. Zumindest beim passenden Thema und methodischem Vorgehen. Nicht jeder muss das Rad neu erfinden!

2. Acht interessante Vorträge, die viele Fragen von Urheberrecht (Anja Cruse: „Wem gehört das TM“, Bericht folgt demnächst), über Tipps und Tricks für die Terminologiearbeit und Formatierungsprobleme bis hin zur Frage „Was wird heutzutage vom Übersetzer erwartet?“ und dem passenden Marketing („Wie zeige ich anderen am besten, was ich alles Tolles für sie tun kann?“) beantwortet haben. Es hätten mehr sein können, aber ich persönlich brauche zwischendurch mal Zeit zum Denken und habe deshalb nicht alles genutzt.

3. ToDo-Listen für meine Fortbildungswünsche im nächsten Jahr, Blogthemen sowie Anregungen an die Verbände, die im Laufe der Tage entstanden.

4. All die Gespräche, in denen ich mein mündliches Englisch auffrischen konnte (viele kleine Wissensbausteine so ganz nebenbei).

5. Einen wunderschönen Tagungsort mit sehr viel Flair und WLAN-Zugang, Pausengetränke, Snacks, ein Mittagessen, reibungslose Organisation voller Herzblut (danke, Anne Diamantidis, auch für das Foto).

6. Neuen Stolz auf meinen Beruf und meine vielen engagierten, fähigen und erfolgreichen Kollegen.

7. Jede Menge Vorfreude auf all die spannenden Projekte, die noch der Übersetzung harren, und Antworten auf die Frage:

Werden Übersetzer bald überflüssig?

Trotz aller technologischer Fortschritte werden menschliche Übersetzer nach aktuellem wissenschafltichem Erkenntnisstand (Vortrag Professor Koehn, University of Edinburgh) keineswegs überflüssig. Maschinenübersetzungen können uns einen schnellen Überblick verschaffen. Sie können aus dem Rauschen des Internets Reizwörter herausfiltern und dann einen Menschen prüfen lassen, ob beispielsweise eine neue Seuche droht (spannender Ansatz der WHO). Sie können einen Hinweis geben, ob man auf der richtigen Fährte ist oder welche Formulierung vielleicht gebräuchlicher ist als eine andere.

 

Trikonf2013_IB (13)

Was man schwarz auf weiß besitzt…

Aber nur der Mensch kann feststellen, was bestimmte Worte im Kontext bedeuten oder was an einer bestimmten Stelle angemessen und somit „richtig“ ist. Weil die lebendige Sprache im Fluss ist und in allen Sprachen ständig neue kreative Anpassungen stattfinden.

Deshalb bin ich mit der Erkenntnis heimgefahren, dass unser Beruf zunehmend anspruchsvoller wird und noch mehr kulturelles Wissen, Fachkenntnisse und Spezialisierung verlangt als bisher schon.

Als Übersetzerin bin ich mittlerweile auch ein Bindeglied zwischen dem Internet und der realen Welt: Ich muss die echte, lebendige Sprache in all ihren Facetten kennen und je nach Medium und Zweck korrekt einsetzen können. Also genau das, was ich an meinem Beruf liebe – perfekt!

Das alles hatte eher um die Ecke mit Literaturübersetzen zu tun, war aber trotzdem super wertvoll.

Und das eine oder andere Buch habe ich natürlich auch erbeutet!

 

Als Übersetzerin bin ich ein Bindeglied zwischen dem Internet und der realen Welt.

Imke Brodersen

Ein Blog von Imke Brodersen über Bücher, Autoren und den Alltag einer Literaturübersetzerin. A German literary translator's blog on books, authors, and translating in general. By Imke Brodersen.

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